Welche Standards guter Verwaltungspraxis wendet die Ombudsfrau an?

Die Ombudsperson bezieht sich auf 15 Standards für gute Verwaltungspraxis. Die Liste der Standards und ihre Definition werden sich wahrscheinlich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Sie werden im Lichte der Veränderungen in der Rechtsprechung, vor allem aber der Entwicklungen in der Gesellschaft, die sich in den an die Bürgerbeauftragte gerichteten Beschwerden widerspiegeln, betrachtet.
Richtige Rechtsanwendung
Die Verwaltung handelt in Übereinstimmung mit den Gesetzes- und Verordnungsnormen von allgemeiner und abstrakter Tragweite und unter Einhaltung der Grundrechte der Personen. Wenn die Regel nicht deutlich ist, achtet die Verwaltung darauf, sie in einem dem Geist des Gesetzes entsprechenden Sinn anzuwenden oder in dem Sinn, der gewöhnlich in der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt wird. Die Verwaltung ist ebenfalls verpflichtet, ihre eigenen Verwaltungsrundschreiben und - anweisungen einzuhalten, sofern sie nicht im Widerspruch zu Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen stehen.
Geeignete Begründung
Jede Verwaltungshandlung muss auf einer rechtlich und faktisch annehmbaren und vernünftigen Begründung beruhen. Die Bürger müssen die Gründe verstehen, aus denen sie eine bestimmte Entscheidung erhalten, was voraussetzt, dass die Begründung in der ihnen zugestellten Entscheidung angeführt wird. Diese Erfordernis geht jedoch über die bloße formelle Begründung hinaus und ist mit der Qualität der Begründung verbunden. Eine gut begründete Entscheidung ist eine verständliche Entscheidung. Die Verwendung von Standardformulierungen oder allzu allgemeinen Aussagen ist folglich ungeeignet. Eine knappe Begründung kann reichen, wenn sie deutlich und für den Fall des betroffenen Bürgers zutreffend ist.
Gleichheit
Die Verwaltung achtet auf die Einhaltung der gleichen Behandlung der Bürger und darf keine unzulässigen Unterschiede zwischen ihnen schaffen. Die Bürger, die sich in der gleichen Situation befinden, werden auf gleiche Weise behandelt. Die Bürger, die sich in unterschiedlichen Situationen befinden, erhalten unterschiedliche Behandlungen. Die Situation wird hinsichtlich der ins Auge gefassten Maßnahme beurteilt. Ein Behandlungsunterschied kann zwischen Kategorien von Personen eingeführt werden, sofern er auf einem objektiven Kriterium beruht und angesichts des Ziels und der Folgen der bemängelten Maßnahme vernünftig gerechtfertigt ist. Die Gleichheit ist nicht gewahrt, wenn keine angemessene Verhältnismäßigkeit zwischen den angewandten Mitteln und dem angestrebten Ziel besteht.
Unparteilichkeit
Die Verwaltung darf keine Partei zum Nachteil einer anderen bevorzugen, und zwar aus keinerlei Gründen. Diese Unparteilichkeit setzt eine objektive Bearbeitung der Akte voraus und erfordert es, dass keine direkten Interessen - und selbst nicht der Anschein eines Interesses - des in der geregelten Situation tätigen Verwalters bestehen. Die Bearbeitung der Akte durch die Verwaltung darf nicht durch persönliche, familiäre oder nationale Interessen, durch Druck von außen, durch religiöse, philosophische oder politische Überzeugungen geleitet werden; ein Beamter darf sich nicht an einer Entscheidung beteiligen, an der er oder einer seiner Angehörigen Interesse hat oder bei der ein Anschein des Interesses entstehen könnte; ein Beamter darf eine Beschwerde gegen eine Entscheidung nicht prüfen, wenn er zur Entscheidungsfindung beigetragen hat. Die Verwaltung vermeidet es, dass ihre Entscheidung durch Nachteile beeinflusst wird, die durch die betreffende Entscheidung bei einer der Parteien entstehen könnten.
Rechtssicherheit
Die Rechtssicherheit setzt voraus, dass die Bürger die Möglichkeit haben, das auf sie anwendbare positive Recht zu kennen. Die Bürger müssen die Rechtsfolgen ihrer Handlungen und ihrer Verhaltensweisen im Voraus einschätzen und beurteilen können. Sie müssen sich ebenfalls auf eine gewisse Beständigkeit der Vorschriften und der Verwaltungspraxis verlassen können. Um die Rechtssicherheit zu wahren, ist die Verwaltung insbesondere bemüht, den Bürgern hinsichtlich der auf sie innerhalb einer angemessenen Frist anwendbaren Regeln eine Sicherheit zu bieten. In Anwendung des Grundsatzes der Rechtssicherheit darf der Bürger nicht verpflichtet werden, Regeln einzuhalten, die nicht veröffentlicht wurden oder die verspätet veröffentlicht wurden, oder aber Entscheidungen individueller Art, die ihm nicht zur Kenntnis gebracht wurden. Die Rechtssicherheit setzt voraus, dass eine rückwirkende Anwendung von Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen verboten ist. Die Rechtssicherheit bietet Garantien für eine gleiche und unparteiliche Behandlung, sodass sie die Freiheit der Verwaltung einschränkt und Willkür ausschließt.
Rechtmäßiges Vertrauen
Die Verwaltung beachtet die rechtmäßigen Erwartungen, die ihre beständige Haltung, ihre Zusagen oder ihre früheren Entscheidungen beim Bürger hervorgerufen haben. Die hervorgerufene Erwartung muss rechtmäßig sein. Abgesehen von Ausnahmefällen ist das rechtmäßige Vertrauen nicht vom Stillschweigen der Verwaltung abzuleiten.
Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit
Die Verwaltung vergewissert sich, dass ihre Entscheidung angemessen, verhältnismäßig und gerecht ist.


Gegen den Grundsatz der Angemessenheit wird verstoßen, wenn die Verwaltung ihre Beurteilungsfreiheit auf offensichtlich unangemessene Weise genutzt hat. Die Entscheidung der Verwaltung kann als offensichtlich unangemessen bezeichnet werden, wenn sie anders ausfällt als diejenige, die gleich welcher normal vorsichtige und dienstbeflissene andere Beamte unter den gleichen Umständen getroffen hätte.


Um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, achtet ein normal dienstbeflissener Beamter darauf, die Maßnahme zu ergreifen, die am ehesten sowohl den Interessen des Bürgers als auch den von der Verwaltung verfolgten gemeinnützigen Zielen entspricht.


Wenn die Anwendung einer Regel oder einer Verwaltungspraxis durch die Verwaltung zu einer für den Bürger ungerechten Situation führt, setzt die Verwaltung alles daran, diesen Missstand zu beheben, wobei sie darauf achtet, die Gleichbehandlung zu wahren und ihre Befugnisse nicht zu überschreiten.
Geeigneter Zugang
Die Verwaltung achtet darauf, die Zugänglichkeit ihrer Dienststellen, Büros und Informationen zu optimieren, indem sie sich um geeignete Öffnungszeiten der Büros entsprechend den Bedürfnissen des betroffenen Publikums, um telefonische Erreichbarkeit und die Verwendung unterschiedlicher Kommunikationswege bemüht. Sie setzt sich dafür ein, die Bürger in einem geeigneten Arbeitsumfeld zu empfangen, die Wartezeiten zu begrenzen sowie die Verständlichkeit der Entscheidungen und der Verwaltungsdokumente und den Zugang zu Informationen über Gesetze und Verordnungen zu verbessern. Ohne vollständig sein zu wollen, ist sie bemüht, diese Information zu vereinfachen, damit sie für möglichst viele Personen verständlich ist. Es ist besonders auf die Zugänglichkeit der Büros für Personen mit eingeschränkter Mobilität zu achten.
Höflichkeit
Bei ihren Kontakten mit den Bürgern achten die Beamten nicht nur auf die Einhaltung der elementaren Höflichkeitsregeln, die allgemein in unserer Gesellschaft gelten, sondern auch auf Professionalität in ihren Aussagen und in ihrer Haltung, um eine harmonische, respektvolle und menschliche Beziehung zwischen den Personen zu wahren. Gegebenenfalls handeln sie pädagogisch, indem sie die Gründe erklären, aus denen sie dem Antrag ihres Gesprächspartners nicht stattgeben können, und leiten ihn an die zuständige Dienststelle weiter. In jedem Fall bemühen sie sich um eine verständliche, der Situation angepasste und neutrale Ausdrucksweise. Wenn die Verwaltung sich geirrt oder nicht entsprechend den rechtmäßigen Erwartungen des Bürgers gehandelt hat, stellt sie das Vertrauen des Bürgers in die Verwaltung wieder her, indem sie sich entschuldigt.
Aktive Information
Die Verwaltung muss auf transparente Weise handeln und die Öffentlichkeit innerhalb der gesetzlich zulässigen Grenzen spontan auf eine deutliche, objektive und möglichst ausführliche Weise informieren. Die aktive Information ist Bestandteil des Auftrags der Verwaltung, die Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen sowie die Verwaltungspraxis für eine möglichst breite Öffentlichkeit zugänglicher und verständlicher zu machen. Diese Information muss korrekt, vollständig, eindeutig, effizient und aktuell sein. Die Verwaltung muss eine deutliche und verständliche Sprache verwenden, und ihre Kommunikation muss effizient sein. Sie muss darauf achten, diversifizierte und geeignete Kommunikationswege zu nutzen, um möglichst viele betroffene Bürger zu erreichen.
Passive Information
Abgesehen von den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen muss die vom Bürger beantragte Information ihm erteilt werden. Eine Informationsanfrage und die Antwort darauf können sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Sofern das Gesetz es erlaubt, verwendet die Verwaltung vorzugsweise das Mittel und den Weg der Kommunikation, die der Bürger bevorzugt.
Gewissenhafte Verwaltung
Jede Verwaltung muss auf verantwortungsbewusste Weise handeln und entscheiden. Dies setzt zunächst voraus, dass sie sich ausreichend informieren muss, um in Kenntnis der Sachlage eine Entscheidung zu treffen. Die Verwaltung muss zum Zeitpunkt der Entscheidung über alle erforderlichen rechtlichen und faktischen Angaben verfügen. Bei der Entscheidung muss die Verwaltung sich an überprüfbare Fakten halten, die geltenden Bestimmungen und alle sachdienlichen Elemente der Akte berücksichtigen sowie diejenigen ausschließen, auf die dies nicht zutrifft. Der Grundsatz der Sorgfalt ist integraler Bestandteil der Erfordernis eines gewissenhaften Vorgehens.
Recht auf Anhörung
Jede Person hat das Recht, ihre Anmerkungen mündlich oder schriftlich vorzutragen, wenn ihre Angelegenheiten betroffen sind, selbst wenn dieses Recht nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist oder wenn das Gesetz der Verwaltung nicht vorschreibt, den Bürger vor der ins Auge gefassten Entscheidung anzuhören. Dieses Recht muss in jeder Phase des Entscheidungsfindungsverfahrens und danach in einem angemessenen Rahmen ausgeübt werden können. Dieser Grundsatz ermöglicht es, sowohl die Interessen der Bürger als auch diejenigen der Verwaltung zu wahren: für den Bürger, indem er die Möglichkeit hat, seine Argumente geltend zu machen, und für die Verwaltung, indem sie die Gewähr hat, dass in voller Kenntnis der Dinge entschieden wird.
Angemessene Frist
Jeder Antrag muss durch die Verwaltung in einer angemessenen Frist bearbeitet werden. Die angemessene Frist wird anhand der jeweiligen konkreten Situation beurteilt: Sie hängt von der Dringlichkeit des Antrags, seiner Komplexität sowie den eventuellen nachteiligen Folgen einer verspäteten Antwort für den Bürger ab. So verpflichtet der Grundsatz der angemessenen Frist die Verwaltung unter bestimmten Umständen, innerhalb einer kürzeren Frist als der gesetzlich vorgesehenen Maximalfrist eine Entscheidung zu treffen. Wenn keine gesetzliche Frist besteht, dienst die föderale «Charta für eine benutzerfreundliche Verwaltung» als Richtlinie: Wenn es der Verwaltung nicht möglich ist, einen Antrag innerhalb einer Frist von drei Wochen zu bearbeiten, muss sie die betroffene Person durch Zusendung einer Empfangsbestätigung darüber informieren und ihr eine annähernde Antwortfrist mitteilen. Sie muss sich bemühen, ihre Entscheidung innerhalb einer Frist von vier Monaten zu treffen, oder innerhalb von acht Monaten, wenn es sich um eine besonders komplexe Akte handelt.
Effiziente Koordinierung
Die öffentlichen Dienststellen müssen effizient zusammenarbeiten. Innerhalb desselben öffentlichen Dienstes muss die Kommunikation fließend verlaufen, um einen optimalen Informationsaustausch zu gewährleisten. Der Bürger kann nicht aufgefordert werden, Angaben zu erteilen, wenn die Verwaltung selbst darüber verfügt oder leicht über Mittel verfügen könnte, um sie sich selbst zu besorgen. Wenn verschiedene Verwaltungen zusammenarbeiten müssen, erfordert eine wirksame Koordinierung die Harmonisierung der Verfahren sowie einen korrekten und schnellen Informationsaustausch. Ein gegenseitiger Zugang zu Datenbanken unter Wahrung der Regeln zum Schutz des Privatlebens kann notwendig sein. Keine Dienststelle darf sich hinter dem Schweigen einer anderen Dienststelle verschanzen, um ihre Untätigkeit zu rechtfertigen, und jede Dienststelle muss alles daransetzen, die Mitarbeit der Dienststelle zu erhalten, von der sie für den ordnungsgemäßen Fortgang der Akte abhängig ist.